Pflegeteam Dreßen/Laprell gibt Intensiv-Wohngruppe in gute Hände
Ein Treppensturz, ein Verkehrsunfall und plötzlich verändert sich alles. Für die Menschen, die ein gravierendes Unfallschicksal erleiden und für ihre Familien. „Ein Luftröhrenschnitt und ein Tracheostoma sind die Eintrittskarte in die außerklinische Intensivwohngemeinschaft“, sagt Gina Dreßen vom Pflegeteam Dreßen-Laprell. Sieben Jahre gehörte eine solche Wohngemeinschaft für acht Patienten in Heinsberg-Kirchhoven zum Pflegeteam Dreßen-Laprell, das in Heinsberg unmittelbar am Lago Laprello eine Tagespflege und eine ambulante Pflege betreibt.
„Wir geben einen Teil unseres Unternehmens, nämlich die außerklinische Intensivwohngemeinschaft, zum 1. Oktober in professionelle und liebevolle Hände ab“, erklärt Silvia Laprell. Gemeinsam mit ihrer Schwester Gina Dreßen hatte sie 2002 das Familienunternehmen in der ambulanten Pflege gegründet und später um die Tagespflege und 2016 um die außerklinische Intensivwohngemeinschaft erweitert. Mit aufgebaut als „Mann der ersten Stunde“ hat Detlef Schröder diese Intensivwohngemeinschaft, die sich in der ersten Etage des Mühlencampus An der Kornmühle 2 in Kirchhoven befindet. Der bisherige Pflegedienstleiter hat gemeinsam mit seiner Frau Marion das Unternehmen BIS – Beatmungsintensiv Schröder neu gegründet. Auch Marion Schröder war bereits in der außerklinischen Intensivpflege tätig. Beide übernehmen mit ihrem neuen Unternehmen alle bisherigen Patienten sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Pflegeteam Dreßen-Laprell, die in der Intensivpflege tätig waren. Die Wohngemeinschaft verfügt über acht Plätze. Das BIS-Team wird insgesamt 21 Mitarbeitende beschäftigen.
„Die Patienten kommen alle in einer Ausnahmesituation von der Intensivstation in die Intensivpflege und sind höchstintensiv betreuungspflichtig. Sie haben neurologische oder schwere internistische Erkrankungen, zum Teil Hirn- und Nervenschäden und das Atmungszentrum ist beeinträchtigt. Die Menschen werden mitten aus dem Leben gerissen. Mit der plötzlich völlig veränderten Lebenssituation einher geht oft ein massives Trauma. Das ist ein echtes Drama für die Familie, für Partner und Kinder“, schildert Gina Dreßen. Die Situation belaste aber auch die Pflegekräfte, die nicht selten in ethische Konflikte geraten. Sie haben alle eine Zusatzqualifikation zur Pflegekraft für außerklinische Intensivbetreuung erworben. Sowohl die technischen und medizinischen Anforderungen sind hoch als auch die Belastung im Umgang mit Patienten und Angehörige. Wenn das Sprechen eingeschränkt ist, sei die Beobachtung der Mimik und der Körpersprache von besonderer Bedeutung, sagt Marion Schröder.
Die Krankheitsbilder umfassen ein großes Spektrum vom Wachkomapatienten bis zum mobilen Patienten, der spazieren gehen kann und die Hoffnung hat, nach gelungener Reha wieder in den Familienalltag zurückkehren zu können. Die Intensivpflege in Kirchhoven nimmt Patienten ab 18 Jahre auf. Erste Aufgabe in der Intensivpflege sei es, den Ist-Zustand der Patienten zu stabilisieren, dann soll der Patient möglichst wieder Fähigkeiten zurückgewinnen.
In der Wohngemeinschaft hat jeder Patient sein eigenes, häuslich eingerichtetes Appartement. Die Pflegekräfte versorgt die Patienten und fördert die vorhandenen Potenziale. „Wir schaffen ein echtes Zuhause, in dem sich die Patienten wohlfühlen“, sagt Detlef Schröder. Das Herz der Wohngemeinschaft bildet ein großer Gemeinschaftsraum mit Küche, großem Tisch und einer gemütlichen Sitzgruppe. „Hier soll das Leben pulsieren, hier soll es lebendig und freundlich zugehen, hier werden Feste und Geburtstage gefeiert und hier ist Platz für den Austausch bei Kaffee und Kuchen“, sagt Marion Schröder. Und Detlef Schröder ergänzt, dass inzwischen ein großer Fernseher angebracht wurde. „Einige Patienten haben hier zusammen mit Mitarbeitern die Basketball-WM gesehen und den Titel zusammen gefeiert.“
Angehörige sind in der Wohngruppe immer willkommen. Der Austausch sei intensiv, weil die Familien viele Fragen haben, so Detlef Schröder. Wenn am Partner plötzlich Schläuche dran seien und viele Fähigkeiten eingeschränkt seien, müsse man lernen, das zu verstehen. „Und die Familien müssen Verständnis aufbauen und Vertrauen darin bekommen, was wir hier tun.“
Neben Ärzten, die auch eine palliative Ausbildung haben, werden Therapeuten und manchmal auch ein Psychologe oder ein Schmerztherapeut in die Arbeit eingebunden. In schwierigen Fällen sei es oft eine Gratwanderung, alles medizinisch Machbare zu tun und dann auch akzeptieren zu müssen, dass der schlimmste Fall eintritt und die Frage im Raum steht, was im Notfall getan werden dürfe und soll. „Über einen solchen Notfall wird mit den Angehörigen intensiv gesprochen“, sagt Gina Dreßen. Die Regelungen einer Patientenverfügung müssen akzeptiert werden.
Neben Patienten, die über Jahre in der Wohngemeinschaft bleiben, gibt es auch die Fälle, bei denen die Hoffnung groß ist, dass die Patienten es schaffen, wieder in ihr familiäres Umfeld zurückkehren zu können. Eine solche Patientin, die nach einem Verkehrsunfall mit dem Fahrrad als Beatmungspatientin gekommen war, könne nun in die ambulante Pflege wechseln und damit zu ihrem Mann und zu ihren Kindern zurückkehren. „In diesem Fall arbeiten wir übrigens mit dem Pflegeteam Dreßen-Laprell Hand in Hand, das zukünftig die ambulante Pflege übernehmen wird“, freut sich Detlef Schröder. Und er zeigt sich in einem weiteren Fall zuversichtlich. „Ein Herr, der bei uns in der Intensivpflege betreut wird, könnte diesen Schritt zurück in die Familie ebenfalls schaffen.“
Detlef Schröder und Silvia Laprell betonen, dass beide Familienunternehmen „nach der kollegialen Übergabe der Intensivpflege weiter zusammenarbeiten wollen und eine Kooperation in der Aus- und Fortbildung schließen werden“. So bleibe man im Austausch.